Das geschah auf Bodensruh

TLZ vom 07.12.2006; von Rita Specht

Wartburgkreis. (ep) Die Sorge der Menschen im Werratal, hilflos zusehen zu müssen, wie die Politik wirtschaftliche über ihre gesundheitlichen Interessen stellt, ist vor Weihnachten nicht kleiner geworden. Nach wie vor beunruhigen vor allem die geplante Müllverbrennungsanlage in Heringen und eine neue Salzlaugenleitung von Neuhaus-Ellers nach Philippsthal durch die Kali + Salz AG Kassel viele Gemüter. Der Widerstand gegen die auf 1000 Jahre (!) ausgelegte Pipeline, durch die weitere Salzabwasser in die Werra gelangen sollen, ist stärker geworden. B 90/Die Grünen aus Eisenach zum Beispiel positionierten sich erst unlängst zur Landesdelegiertenkonferenz mit einem Antrag, den ihre Partei unterstützt, gegen das neue Salzrohr. Hessische Kommunen beantragten jetzt, die Leitung komplett aus dem Raumordnungsplan zu streichen.

Initiative warnt
Vor gesundheitlichen Gefahren des Laugentransports insbesondere für die Umwelt warnt auch die Bürgerinitiative "Für ein lebenswertes Werratal". Sie führt als Beispiel einen Vorfall an, der sich auf Bodesruh ereignete. Die als Mahnmal der deutschen Teilung errichtete Turmanlage liegt an der hessisch-thüringischen Grenze zwischen Hönebach und Heringen, am Seulingswald. Auf der Höhe von Bodesruh kam es im Spätsommer 2004 zu einem Baumsterben, über das in der Öffentlichkeit so gut wie nichts zu hören war. So plötzlich, wie der Wald starb, seien auch Maschinen zur Stelle gewesen, die die toten Bäume abtransportierten, heißt es im Bericht mit dem Titel "Was geschah auf Bodesruh?"

Das geschah: Ein Leck in der Laugenleitung, die über Bodesruh führt, war Ursache für das Baumsterben auf einem Areal von etwa 0,7 Hektar. Betroffen waren Flächen des Landes Hessen als auch der Stadt Heringen, teilte der Leiter des Forstamtes Rotenburg, Dr. Hans-Werner Führer, auf Anfrage mit. Die Kali + Salz AG, die über die Leitung salzhaltige Abwässer in den Plattendolomit verpresst, habe den Schaden sofort anerkannt und Schadensersatz für die Bäume geleistet, die quasi vor der Zeit geerntet werden mussten. Das Unternehmen würde immer noch Rechnungen zahlen, beispielsweise für die Wiederaufforstung oder einen noch zu setzenden Zaun. Zwar würden die neuen Kulturen Fuß fassen, jedoch sei er unsicher, inwieweit dauerhaft Salzrückstände im Boden verblieben seien, so Dr. Führer.

Dass die Laugenleitung und die nahe Salzhalde Monte Kali etwas mit einer hohen Rate an Krebserkrankungen im Örtchen Kleinensee am Fuße von Bodesruh zu tun haben, wo eine Bürgerin 50 Krebsfälle und schwere Erkrankungen der Atemwege unter den 729 Einwohnern ermittelte (der TLZ liegt die Liste vor), kann er sich nicht vorstellen.

"Vage Behauptung"
Den Bezug hält auch Oliver Morgenthal, Pressesprecher von Kali + Salz, für eine "sehr, sehr vage Behauptung". Er bestätigte der TLZ, dass es im Sommer 2004 einen Defekt an der überirdisch verlegten Laugenleitung auf Bodesruh gab. Die Störung sei durch den damit verbundenen Druckabfall "sehr schnell" erkannt worden. Dennoch muss innerhalb von etwa drei Stunden so viel Lauge in den Boden geflossen sein, dass Beobachter dem folgenden Sterben von Bäumen beinahe zusehen konnten. Warum die Leitung leckte, ist nicht geklärt. Fakt ist: Das Leck entstand, obwohl Kali + Salz die Leitung "regelmäßig überprüft", wie Oliver Morgenthal versicherte.

Für den Schaden hat das Unternehmen bislang 8169,73 Euro geleistet, und zwar bereits im Oktober 2004, sagte Dr. Hans-Werner Führer der TLZ. Davon seien 424 Euro der Stadt Heringen zugeteilt worden.

Übernahme des Artikels mit freundlicher Genehmigung der TLZ Eisenach (Link)

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News Dezember 2006