Bessere Werra-Querung in Sicht?
NABU kämpft
weiter gegen Zerschneidung der wertvollsten Bereiche am Erlensee
Neuer Scoping-Termin zur B62 Werraquerung
15.05.07
Im April 2007 lud das Straßenbauamt Südwestthüringen
überraschend zu einem Scoping-Termin ein, obwohl die Planung zur B62
Werraquerung inhaltlich nahezu abgeschlossen sind und das zugehörige
Planfeststellungsverfahren bereits im Februar letzten Jahres begonnen hatte.
Ein Scoping Termin findet normalerweise am Anfang einer Planung statt, denn
dabei soll erst einmal der naturschutzfachliche Untersuchungsrahmen (also
was und in welcher Intensität untersucht werden soll) festgelegt werde
soll.
Das man mitten im Verfahren einen weiteren solchen Termin anberaumte, hatte
seinen guten Grund. Denn im Mai 2006 hatten sich neben dem NABU Thüringen
auch andere Thüringer Naturschutzverbände, so der BUND, Grüne
Liga, Arbeitskreis Heimische Orchideen (AHO) in ihren Stellungnahmen gegen
die derzeitig bevorzugte Trassenvariante des Straßenbauamtes ausgesprochen.
Ein nahezu durchgehendes Dammbauwerk mit 10 m Höhe soll durch die Überschwemmungsaue
verlaufen und den Werramäander „Neuroth“ sowie das Trockental
der Witzelrodaer Schweiz zerschneiden. Der berechtigten Kritik schlossen sich
auch die zuständigen Naturschutzbehörden weitgehend an, so dass
das Straßenbauamt aufgefordert worden war, seine Planungsunterlagen
umfassend nachzubessern.
Leider scheint der anberaumte Termin nicht der angemahnten Verbesserung des Vorhabens zu dienen, weder in der Linienführung, noch in der Bauausführung. Vielmehr sollen die bisher vollkommen unzureichend aufgearbeiteten Artenschutzaspekte beleuchtet und die alte fragwürdige Planung „rechtssicher“ gemacht werden. Anlass ist offensichtlich insbesondere die aktuelle Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU.
„Wir stehen einer rein formalen Abarbeitung von Naturschutzaspekten sehr kritisch gegenüber und können dem Straßenbauamt nur empfehlen unsere Alternativvorschläge in Anlehnung an Variante 1 ernsthaft in Betracht zu ziehen“, erklärte der Landesvorsitzende des NABU Thüringen, Mike Jessat. „Dennoch haben wir uns aktiv am Scoping-Termin beteiligt, um den Planungsträger nochmals auf die breite naturschutzfachliche Bedeutung dieses Teils der Werraaue hinzuweisen und auf eine Betrachtung aller vorkommenden geschützten Arten hinzuwirken. Aus unserer Sicht dürfte es dem Straßenbauamt kaum gelingen, alle unsere in der Stellungnahme geäußerten Bedenken zu entkräften“, erinnerte Jessat an das laufende Verfahren. So ist z.B. die Vernichtung eines Rotmilanhorstes durch die Linienführung trotz bestehender Alternativen nicht mit geltenden EU-Recht vereinbar. Außerdem konnten neue Erkenntnisse zu Vorkommen geschützter und seltener Arten (wie z.B. Schwarzblauer Ameisen-Wiesenknopfbläuling und 10 Wildbienenarten der Roten Liste, davon 3 vom Aussterben bedrohte) im unmittelbaren Trassenbereich eingebracht werden, von deren Existenz der NABU erste nach Abgabe seiner Stellungnahme erfahren hatte.
Wie das Straßenbauamt mit den naturschutzfachlichen Herausforderungen umgeht und ob vielleicht doch noch substanzielle Änderungen der Planung erfolgen, wird sich wohl frühestens im Herbst bei Vorlage der nachgebesserten Unterlagen im laufenden Planfeststellungsverfahren zeigen. „Die sich während des Scoping-Termins andeutenden Diskussionen zur Auslegung der naturschutzrechtlichen Vorgaben lassen jedoch nichts Gutes ahnen“, äußerte sich der Landesvorsitzende des NABU Thüringen, Mike Jessat, besorgt. „Außerdem waren nicht nur Artenschutzaspekte unzureichend betrachtet, sondern wir mussten auch Mängel im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung, der Abgrenzung von Schutzgebieten nach EU-Recht, der Prüfung der Auswirkungen auf die Schutzgebiete, auf das Landschaftsbild und auf die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie sowie den erforderlichen Kompensationsmaßnahmen feststellen. Wir werden die nachgebesserten Unterlagen des Straßenbauamtes sehr genau prüfen. Es drängt sich jedoch weiterhin der Eindruck auf, dass das Thema Werraquerung nicht nach dem Ende des Planfeststellungsverfahrens abgeschlossen ist, sondern wir uns verpflichtet sehen bei Bedarf auch den Rechtsweg zu beschreiten.“ Unter Umständen müssen hierfür sogar eigene Gutachten angefertigt oder in Auftrag gegeben werden. Der NABU Thüringen bittet um Spenden zur Unterstützung der Arbeit zum Schutz der Werraaue am Erlensee.
Herausgeber: NABU Thüringen,
Leutra 15, 07751 Jena
Redaktion: NABU-Pressestelle Thüringen, Thomas Pohler (verantwortlich)
Tel. 0 36 41-60 57 04 | Fax -21 54 11 | E-Mail: lgs@NABU-Thueringen.de